Start-up-Kultur:Hochschule München ist Deutschlands bestes Gründerzentrum

Lesezeit: 2 min

Klaus Sailer ist Geschäftsführer des Strascheg Center for Entrepreneurship (SCE) an der Hochschule München. Er findet, er hat einen "sehr schönen" Job. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Im Ranking des Stifterverbands erobert die Hochschule München Platz eins. Klaus Sailer, Chef des Entrepreneurship-Center, erzählt, wie dies gelungen ist.

Von Catherine Hoffmann

Hochschullehrer, Wissenschaftler, Gründer - Klaus Sailer hat schon vieles gemacht in seinem Leben. Er studierte Physik und promovierte in Biophysik, arbeitete bei Siemens und Infineon, erst in der Technik, dann im Marketing, gründete mehrere Firmen - "mit allen Hochs und Tiefs", wie er sagt. Bis er schließlich 2006 an die Hochschule München (HM) kam. "Zur Hälfte arbeite ich als Professor an der Fakultät für Maschinenbau, zur Hälfte bin ich Geschäftsführer des Strascheg Center for Entrepreneurship (SCE)", sagt Sailer. Diese Doppelrolle gefalle ihm gut. Die Hochschule verschaffe ihm Zugang zu ihren Studierenden und Hightech-Labors. Aber sie sei auch ein großer Dampfer, mit dem man nicht so gut vorankomme wie mit dem U-Boot SCE. "Das ist eine viel kleinere Organisation, die schnell und flexibel entscheiden kann", sagt Sailer.

Das Entrepreneurship-Center war ein Geschenk an die Hochschule. Falk F. Strascheg gründete es bereits 2002 und unterstützt es seither. Strascheg selbst ist Firmengründer und erfolgreicher Wagniskapitalgeber, für das SCE ist er Stifter und Mäzen. "Anfangs waren es drei oder vier Leute, die sich ein bisschen um Ausgründungen aus der Hochschule kümmern sollten", erzählt Sailer. Das Thema sei für die Hochschule damals neu gewesen, es habe ein wenig gedauert, bis seine strategische Bedeutung erkannt wurde.

Das Treppenhaus stammt aus den 50er-Jahren. Doch im Gebäude des Start-up Inkubator an der Lothstrasse wird an Unternehmen für die digitale Welt gearbeitet. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Heute gilt die Hochschule München mit dem Strascheg Center als ein führendes Gründerzentrum in Deutschland. Beide sind in den vergangenen 20 Jahren kräftig gewachsen. Das SCE zählt inzwischen knapp 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auf dem Weg zum Erfolg haben das Geld der Strascheg-Stiftung und aus Förderprogrammen des Bundeswirtschaftsministeriums geholfen. Es sei aber nicht so, dass Geld allein reiche, um voranzukommen. "Sie müssen nicht nur die Studierenden, sondern auch die Professorinnen und Professoren für Entrepreneurship begeistern und die Gremien der Hochschule mitziehen", sagt Sailer. Zudem müsse es gelingen, Schülern unternehmerisches Denken zu vermitteln und eine Innovationskultur zu entwickeln.

Längst wird die Hochschule auch von den konkurrierenden Münchner Universitäten - TUM und LMU mit ihren je eigenen Gründerzentren - ernst genommen. Das war nicht immer so und sei "sehr schön", weil man auch gut miteinander kooperiere, sagt Sailer. Gemeinsam will man jungen Unternehmerinnen und Unternehmern helfen, Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu finden. Zu diesem Zweck wurde die Social Entrepreneurship Akademie gegründet, die beispielsweise Recup förderte, heute Deutschlands größtes Mehrwegsystem für die Gastronomie, oder Nearbees, ein Start-up, das es Hobbyimkern ermöglicht, ihren Honig zu einem fairen Preis zu vermarkten, so dass sie Geld in die Pflege ihrer Bienenvölker investieren können.

Newsletter abonnieren
:SZ Geld

Jeden Donnerstagmorgen im Postfach: Wertvolle Ratschläge und Leseempfehlungen für Ihre Finanzen, Ideen für Geldanlagen und die Altersvorsorge. Kostenlos anmelden.

Wissensvermittlung ist längst kein Alleinstellungsmerkmal der Hochschulen mehr; vieles können sich Interessierte auch im Internet aneignen, wo Vorlesungen zuhauf zu finden sind. "Also müssen wir zusehen, wie wir den Studierenden einen Mehrwert bieten können", sagt Sailer. Hierfür seien Seminare und Forschungsprogramme, die Praxiswissen vermitteln, entscheidend. Und die Möglichkeit, sich mit Studierenden in ganz Europa und weltweit, mit Start-ups, Unternehmen, Inkubatoren und Investoren zu vernetzen, "mit der realen Welt", wie Sailer dies nennt.

Deshalb wird an der Hochschule nicht nur gelehrt, wie ein Innovationsprozess funktioniert oder wie man einen Business-Plan schreibt. Es gibt am SCE und der HM auch interdisziplinäre Projekte, in denen zum Beispiel BWL-Studenten mit angehenden Maschinenbauern und Designern zusammengebracht werden und in kleinen Teams eine konkrete Aufgabe lösen müssen - vom Problem bis zum fertigen Produkt und Geschäftsmodell, zum Beispiel für mehr Tierschutz. "Wir versuchen, möglichst viele Studierende zu erreichen", sagt Sailer. "Gut ein Drittel aller Hochschüler nehmen an so einem Projekt bei uns teil und werden Teil unseres Netzwerks." Aus etlichen Projekten wurden längst Unternehmen. Allein im vergangenen Jahr habe es 35 erfolgreiche Ausgründungen gegeben.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungZehn Jahre GBW-Verkauf
:Schluss mit dem Versteckspiel hinter Briefkastenfirmen

Der Staat wehrt sich viel zu wenig gegen die Auswüchse auf dem Immobilienmarkt. Obwohl Bayerns Verfassung das Grundrecht auf eine "angemessene Wohnung" enthält.

Kommentar von Klaus Ott

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: